Querdenken, Gegenprotest und Polizeigewalt6 Minuten Lesezeit

Am Samstag, dem 02.04. liefen ungefähr 2000 Querdenker*innen, Coronaleugner*innen und Neonazis in Leipzig auf, um „für Freiheit“ und gegen die aktuellen Corona-Maßnahmen zu protestieren.
So liefen die sogenannten „Freien Linken“, sowie Menschen mit „Gegen Nazis“ Fahnen direkt neben den rechtsradikalen und vom Verfassungsschutz beobachteten Freien Sachsen. Auch einige Neonazis der sogenannten „Neuen Stärke Partei“ nahmen deutlich erkennbar an der Demonstration, zu der in ganz Mitteldeutschland mobilisiert wurde, teil.

Bild: Wilhelm Bold
Weitere Bilder: https://flic.kr/wilhelmbold

Einen Höhepunkt erreichte die querfrontlerische Absurdität beim Aufeinandertreffen mit dem Gegenprotest am kleinen Willy-Brandt-Platz, wo seitens der Nazis und Verschwurbelten „Nazis raus“-Rufe in Richtung der Gegendemonstrierenden zu hören waren. Dieser Narrativ wurde auch im Nachhinein in diversen Kanälen bedient, worin der antifaschistische Gegenprotest als „Profa“, bzw. „Propha“ betitelt wurde, um jegliche Gegenbewegung zu diskreditieren und die eigenen Kämpfe für angebliche Freiheit und Gerechtigkeit zu legitimieren.

Der offensichtlich vollkommen abwegige Vergleich mit dem Widerstand im Nationalsozialismus wird durch solche Aussagen bis zu dem Punkt fortgeführt, an dem es sich als essenzieller Bestandteil der Bewegung klassifizieren lässt.
Wenig später, während eine größere Gruppe von Aktivist*innen des Gegenprotests versuchte vor die Querdenkendemonstration zu dringen, schlug ein thüringischer Beamter mehrfach auf eine Person ein, weswegen nun seitens der leipziger Polizeibehörde ein Verfahren eingeleitet wird.

Bild: Wilhelm Bold

Abgesehen hiervon und kleineren Blockadeversuchen konnte der Demonstrationszug von Querdenken weitestgehend ungestört und ohne weitere Zwischenfälle über den Ring laufen, wurde jedoch am kleinen Wilhelm-Leuschner-Platz mit lautstarkem Gegenprotest begrüßt, welcher sich am Ende der Versammlung in Kleingruppen auflöste, die teils die Rechten auf dem Weg zum Bahnhof begleiteten.

Bild: Wilhelm Bold

Dabei wurde ein*e Antifaschist*in herausgezogen und an der Moritzbastei eine Maßnahme durchgeführt. Journalist*innen wurden an der Polizeikette aufgehalten, anscheinend um jegliche potenzielle Berichterstattung zu verhindern. Nachdem sich der Spontandemonstrationszug von der Kette weg in Richtung Innenstadt bewegte, begleitet und dicht gefolgt von der Bereitschaftspolizei, kam es zu einer weiteren Festnahme aufgrund angeblicher Beleidigung durch ein*e Aktivist*in. Dabei wurde die Person zu Boden geworfen und von drei Polizist*innen heruntergepresst und anschließend horizontal von sechs weiteren bis zu einem Eingang des Universitätscampus gebracht, wo wieder jede Berichterstattung erschwert und durch Beamt*innen blockiert wurde. Die betroffene Person wurde, nachdem sie in einem Mannschaftswagen weggefahren wurde, maximal anderthalb Stunden später wieder freigelassen.

Auch wenn die Polizei am vergangenen Wochenende wieder auf Einschüchterung setzte, diese Strategie aber ausschließlich beim Gegendemonstrationen tatsächlich verfolgte, war ein solider und starker Gegenprotest möglich. Blockaden gab es jedoch kaum und auch erfolgreiche Versuche, die Querdenkenversammlung zu stören, blieben aus.

Wilhelm Bold

Artikel teilen:
Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest
0 Comments
Inline Feedbacks
Alle Kommentare ansehen